Fleischfresser

Friday, April 01st, 2011 |  Author:

In Schleswig-Holstein wurde im Rahmen einer Projektwoche vor Fünftklässlern ein Kaninchen geschlachtet, verarbeitet und zubereitet.
Die Wellen schlagen hoch. Den Kindern werden in den Medien irreparable seelische Schäden attestiert. Das ginge ja gar nicht, wie konnte man sowas nur zulassen.

Ich finde das auch nicht in Ordnung.
Die Tatsache, dass die Tiere aus denen die Wurst auf dem Pausenbrot und der Sonntagsbraten gemacht werden mal gelebt haben und geschlachtet werden, wird hier grandios verzerrt dargestellt.
Es heißt, dass das Kaninchen sei (durch den Vater eines der Kinder, der selber Landwirt und Sozialpädagoge ist) regelrecht (im Sinne von ‘ohne unnötige Gewalt oder Qual für das Tier’) getötet worden. Man könnte sagen “human”.
So geht es aber in der Fleisch”produktion” heute nicht zu. Jeder, der sich auch nur ansatzweise mit dieser Thematik befasst weiß, dass dort nach menschlichen Maßstäben geradezu gefoltert wird. Von den ‘Lebens’bedingungen der Tiere vor der Schlachtung ganz zu schweigen.
Man sieht im Supermarkt nur noch das fein säuberlich abgepackte Fleisch. Die vorherige Brutalität ist unsichtbar. Ich empfehle hier unbedingt die Lektüre von Tiere essen (Jonathan Safran Foer). Auch für Kinder.

Es gibt Leute die sagen, dass man für ein Schulprojekt mit dem Titel “Ernährung in der Steinzeit” auch Getreide mahlen und Brot backen könnte.
Das ist sicher richtig. Aber mit einer Ernährung durch Brot kann man kein Mammut erlegen. Da braucht Energie. Und da ist mit tierischer Nahrung auf Dauer eben mehr zu holen.
“Moderne Untersuchungen haben ergeben, dass die steinzeitlichen Menschen etwa zwei Drittel ihrer Energie aus tierischer Nahrung bezogen und nur 1/3 aus pflanzlicher Quelle.”
Da wurde also gejagt, geschlachtet und Fell abgezogen dass es eine Art hatte.
Und ich gehe mal davon aus, dass man sich mit solchem Firlefanz wie einer Betäubung vor der Schlachtung (wie in Schleswig-Holstein erfolgt) damals nicht aufgehalten hat.
Und dass Kinder pädagogisch wertvoll von den Schlachtungen ferngehalten wurden, ist wohl auch eher unwahrscheinlich.

Trotzdem existiert die Menschheit bis heute.

Noch vor wenig mehr als zwanzig Jahren wurde auf dem Hof meiner Großeltern geschlachtet. Als ich dazukam, waren es noch Schweine, Hühner und Kaninchen. Von den Kühen habe ich nichts mehr mitbekommen.
Und wir Kinder mussten helfen.
Ich erinnere mich noch, dass wir zusahen, wie unsere Oma Hühnern die Kehle durchschnitt und sie ausbluten ließ.
Wie Schweine mit einem Bolzenschussgerät getötet wurden (da durften wir immerhin nicht dabei sein) und wir danach Eimer voller Blut und die Aufgabe bekamen, die dunkle, rote Flüssigkeit durch rühren leidlich flüssig zu halten. Blutwurst fällt eben nicht vom Himmel.

Meine seelischen Schäden halten sich trotz allem bis heute in Grenzen.

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Category: essenmarken

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