Gesundheitsreform

Wednesday, July 07th, 2010 |  Author:

Einmal mehr zeigt sich, dass das Wort ‘Reform’ im finanzpolitischen Kontext auf Dauer verbrannt ist. Was gewisse Protagonisten der herrschenden Kaste nicht davon abhält, es exzessiv zu benutzen. Möglicherweise in einem (wie und warum auch immer) fehlgeleiteten hysterischen Irrglauben, dass hier und dort tatsächlich der große Wurf gelungen ist. Eins vorweg – ist er nicht.
Ist er bisher eigentlich nie.

Wobei das alles sicher eine Frage der Perspektive ist.
Das mit der Solidargemeinschaft war nach meiner Auffassung eigentlich so gedacht, dass starke Schultern mehr tragen können. Nämlich einen Teil von dem, was schmalere Schultern nicht schaffen.

Was beinhaltet diese glorreiche ‘Gesundheitsreform’?

Beitragserhöhung

Ja nun. Der Beitrag wird zunächst in Prozent vom Bruttoeinkommen bemessen. Das ist bis hierhin in Ordnung. Dass die Kosten hoch sind, vermutlich zu hoch, steht auf einem anderen Blatt.
Prozent vom Bruttoeinkommen heißt: Starke Schultern tragen mehr.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich den Beitrag. Nicht zur Hälfte. Selbstverständlich. Es sind je 8,2 und 7,3 Prozent. Der Arbeitgeberanteil ist fix.
Sprich: Morgen wird man den Arbeitnehmeranteil auf 10, 15, 20 Prozent erhöhen. Der Arbeitgeberanteil bleibt bei 7,3.
Jaja, die bösen Lohnnebenkosten. Und die armen Unternehmen.

Künftige Ausgabensteigerungen tragen die Versicherten

Gleiche Kerbe wie oben. Der Arbeitgeberanteil ist fix.
Nun ist es so, dass ich durchaus bereit bin, einen Arzt angemessen zu bezahlen. Auch Krankenschwestern, Laboranten und ähnliches Personal darf gerne einen Verdienst erhalten, der der Arbeit entspricht.
Was wir nicht brauchen, sind Verwaltungswasserköpfe bei Krankenkassen, dubiose ‘Rabatt’verträge zwischen Kassen und Pharmafirmen (Laut OECD gibt Deutschland rund ein Fünftel mehr für Medikamente aus als der Durchschnitt der Industrieländer.) und so weiter.
Diese Ausgabensteigerungen sind unabhängig vom Einkommen und von der jeweiligen Kasse festzulegen.
Sprich: Wenn ein Anzugträger dafür, dass er eine Firma (mit seinem an einer privaten Eliteuni erworbenem Wirtschafts’wissen’) in Grund und Boden wirtschaftet, monatlich 50.000 EUR (was sicherlich in diesen Kreisen eher belächelt würde) netto erhält, dann muss er genauso 20 EUR Zusatzbeitrag zahlen, wie die Friseuse, die mit ihrem Nettogehalt soeben über (oder unter) ALG2-Niveau liegt.

Deckelung der Zusatzprämie

Die Zusatzprämie darf maximal 2 Prozent des Einkommens betragen.
Dazu eine Beispielrechnung:
“Angenommen, das Defizit der Krankenkassen würde 2012 zwölf Milliarden Euro betragen. Dann würde eine Behörde zunächst berechnen, wie viel jeder der rund 50 Millionen Beitragszahler über eine Zusatzprämie theoretisch im Monat zur Schließung des Finanzlochs beitragen müsste: 240 Euro pro Jahr oder 20 Euro im Monat.
Wer etwa 800 Euro Rente bezieht, muss maximal zwei Prozent davon als Prämie zahlen, also 16 Euro. Liegt die Mini-Kopfpauschale der eigenen Kasse aber bei 25 Euro, bekommt der Rentner nur die vier Euro als Sozialausgleich erstattet, die zwischen 16 (Zwei-Prozent-Regel) und 20 Euro (Rechnerische Prämie) liegen. Die verbliebenen fünf Euro müsste er aus eigener Tasche zahlen.”

Der arme 50.000-EUR-Mann müsste die Zusatzprämie komplett selber zahlen.
Die Friseuse auch, denn der Sozialausgleich wird vom ‘Steuerzahler’ bezahlt.

Das Wort ‘Reform’ kann in diesem Kontext allgemein drei Dinge bedeuten.

  • Alle haben hinterher weniger. Manche viel weniger, andere nicht so viel weniger.
  • Die, die soieso schon wenig haben, haben hinterher noch weniger.
  • Beides zusammen.

Mehr netto vom brutto. So hieß es vor der Wahl. Na klar! Sie haben nicht gesagt, für wen…

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Category: geldgeldgeld, irrenhaus

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